Der Taufstein - ein fast vergessener Stein

Die St.-Bartholomäuskirche in Röhrsdorf ist ein Neubau aus den Jahren 1737-39; die alte Kirche hat man vollständig abgetragen. Der Taufstein aus dem Vorgängerbau der jetzigen Kirche stammt wahrscheinlich aus dem 14. Jahr- hundert. Er befindet sich seit 2009 in der Patronatsgruft der Röhrsdorfer Kirche.

Den barocken Kanzelaltar mit dem freistehenden Altartisch schuf der damalige Hofbildhauermeister Benjamin Thomae. Im Kirchenraum schwebt der Taufengel, ebenfalls ein Werk Thomaes. Er wird als einer der künstlerisch bedeutendsten Taufengel Mitteldeutschlandes bezeichnet. Sein Alleinstellungsmerkmal ist, dass für den Engel noch die Originalzeichnung und der Entwurf für die Farbfassung erhalten sind. Aber das ist alles nur Nebensache, vor allem ist die Kirche mit ihrem Taufengel ein Ort der persönlichen Erinnerung. Einheimische kommen z.B. bei Familienfeiern gern in die Kirche und erzählen ihren Kindern und Enkeln, dass sie hier am Taufengel getauft worden sind. Andere fragen interessiert, wie denn der Engel auf den Altarplatz herabschwebt und ob es denn in Röhrsdorf keinen Taufstein gibt?

Diese Frage war der Anlass, nach dem zu suchen, was von der Vorgängerkirche noch zu finden ist. Nicht viel stellte sich bald heraus. Aber da stand doch früher im Pfarrgarten als Blumenständer der alte Taufstein, von dem man später nur noch das eigentliche Taufbecken in der Kirche aufbewahrt hatte! Die Spuren von Beton im Inneren des Beckens lassen die frühere Verwendung noch erahnen.

Tatsächlich ist der Taufstein das einzige Ausstattungsstück der alten Kirche, was man damals 1737 bewahrt hat, alles andere ist in dem neuen Kirchengebäude verbaut worden. Ja sogar die Grabplatten der Vorfahren von Richard Wagner - bei Restaurierungsarbeiten entdeckt - fanden als Treppenstufen Verwendung.

In der begehbaren Patronatsgruft unter der Kirche, die einer kleinen Kapelle gleicht, wurden in den letzten Jahren wertvolle Erinnerungsstücke der örtlichen Kirchengeschichte aufgestellt. Die Grabplatten der Röhrsdorfer Pfarrer und Vorfahren Richard Wagners können nun genauso besichtigt werden wie der dort aufgestellte spätgotische Taufstein. Der Fuß des Taufsteins wurde ergänzt, das Original ging verloren. Die Größe und Tiefe des eigentlichen Taufbeckens erklärt sich aus dem Vollzug der Taufe. Die neugeborenen Kinder wurden früher bei der Taufe vollständig untergetaucht. Im Winter legte man zur Erwärmung des Wassers einige heiße Steine in das Becken.

Der über 500 Jahre alte Taufstein und der Taufengel können u.a. am 'Tag des offenen Denkmals' besichtigt werden. Beide laden ein, über die Bedeutung der Taufe und den Glauben nachzudenken.

Christoph Rechenberg, Pfarrer in Röhrsdorf mit Naustadt und Sora