Zeitfenster 13 - Die Teilung Sachsens - 'Musspreußen' und 'Beutesachsen'
2015: Im Mai vor 200 Jahren vollzogen sich für Sachsen dramatische Veränderungen. Da sich der sächsische König nicht rechtzeitig der Allianz gegen Napoleon angeschlossen hatte, wurde er beim Wiener Kongress vor die Wahl gestellt, dass Sachsen komplett aufgeteilt würde (das heißt: Sachsen wäre von der Bildfläche verschwunden) falls er nicht der Abtretung von mehr als der Hälfte seines Landes zustimmen würde. Der Hauptteil des sorbischen Siedlungsgebietes in der Ober- und Niederlausitz mit etwa 200.000 Einwohnern wurde somit preußisch.
Am 18. Mai 1815 wurde ein Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen dem König von Preußen und dem König von Sachsen geschlossen. Einige Paragraphen lesen sich wie Stücke aus dem Einigungsvertrag von 1990. Beim Übergang von einem Staat in einen anderen Staat müssen viele grundsätzliche Angelegenheiten geregelt werden, daran hat sich bis in unsere Zeit nicht viel geändert.
Wir wurden am 3. Oktober 1990 über Nacht Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Damals war der Übergang großer Teile Sachsens an Preußen nicht ganz so freiwillig und demokratisch.
Er war Folge der Neuordnung Europas nach den Befeiungskriegen mit dem Sieg über Napoleon. Der Friedensvertrag regelte den Übergang der öffentlichen Verwaltung, die Finanzverwaltung, die Steuern und Abgaben, den Übergang der Soldaten an Preußen, Schifffahrtsrechte, Stiftungen, Beamten- und Kirchenrecht, Außenhandel, Salzlieferungen, Amnestie, das Archivwesen und die Entsagung auf das Herzogtum Warschau.
Am 22. Mai hat der sächsische König die Bewohner des vertraglich abgetrennten Teiles seines Landes (42 % der Einwohner) aus allen Bindungen und Verpflichtungen gegenüber seiner Person und damit des sächsischen Staates offiziell entlassen (Eides-Entlassung).
Zeitgleich hat Friedlich Wilhelm III. die Einwohner des preußischen Sachsens willkommen geheißen. Und ebenfalls am 22. Mai ein Patent wegen Besitzergreifung des mit der Preußischen Monarchie vereinigten Anteils von Sachsen erlassen. Darin wird noch einmal wie im Friedensvertrag der Verlauf der neuen Landesgrenze beschrieben, die neuen Einwohner Preußens werden dem preußischen Rechtssystem unterstellt. Somit galt wie damals am 3. Oktober 1990 von einem Tag auf den anderen eine neue Währung und neue Gesetze. Die Einwohner der abgetrennten sächsischen Gebiete nannten sich selbst „Musspreußen“ und seitens der Preußen wurden sie als „Beutesachsen“ bezeichnet.
Interessant ist, dass zum Meißnischen Kreis damals Torgau, Mühlberg, Liebenwerda, Elsterwerda und Senftenberg gehörten. Dieser nördliche Teil wurde abgetrennt. Der Rest des Kreises Meißen umfasste Riesa, Großenhain, im Süden Dresden, Stolpen, sowie im Osten Neusalza und Bischofswerda.
Eine eindrückliche Ausstellung „Sachsen küsst Preußen“, die an diese Zeit erinnerte, bei der auch aufgrund der historischen Beziehungen der heutige Landrat von Meißen, Arndt Steinbach, mitgewirkt hat, war in 2014 in Doberlug-Kirchhain zu sehen.
Übrigens wurden ebenfalls am 22. Mai 1815 auf Order des sächsischen Königs die Landesfarben Weiß-Grün eingeführt. Sie dienten zu allererst der Unterscheidung der Soldaten in den aufgeteilten Regimenten, die im Kampf gegen Napoleon in Belgien im Feld standen. Vorher war es am 2. Mai bei Lüttich zu einer Revolte unter den sächsischen Truppen gekommen, als der Befehl zur entsprechenden Teilung der Regimenter erging. Man war in der Regel in Zukunft als Soldat dort verpflichtet, wo man geboren war oder wo die militärische Einheit stationiert war.
Erst am 7. Juni 1815 kehrte der sächsische König Friedrich August I. aus der österreichischen Gefangenschaft nach Dresden zurück und wurde erstmals mit weiß-grünen Landesfarben willkommen geheißen.