Zeitfenster 11 - 1814 Erweiterung des Friedhofs in Naustadt
Nach der Völkerschlacht im Oktober 1813 und dem Sieg über Napoleon waren die Kriegsleiden in unserer Region noch lange nicht zu Ende. Die beim Rückzug der französischen Truppen zurückgebliebenen, einzeln verstreuten Soldaten oder gar ganze Einheiten plünderten weiterhin im Land bzw. versuchten sich gen Westen zurückzuziehen.
Des Weiteren grassierte das Nervenfieber (Typhus) besonders im Kirchspiel Naustadt. 1813 starben 42 an dieser Krankheit und 1814 noch weitere 17 Personen - zumeist Erwachsene; Kinder überlebten den Typhus scheinbar eher. In dankenswerter Weise hatte England 446.000 Taler an Sachsen für die Versorgung der Waisenkinder gespendet. In das neu eingerichtete Waisenhaus in Meißen sind auch Kinder aus Gruben (heute ein Ortsteil der Ortschaft Scharfenberg) gekommen. Zur Linderung der Kriegsnot hat es in Sachsen eine breit angelegte Hilfssammlung gegeben.
Angesichts der im Jahre 2014 in Afrika grassierenden Ebola-Epidemie wird uns wieder bewusst, welche verheerenden Auswirkungen Seuchen und kaum heilbare Infektionskrankheiten haben. Der in Leipzig verstorbene Ebola-Patient musste eingeäschert werden, da zu befürchten war, dass die Erreger im Erdreich weiter aktiv bleiben. Vor 200 Jahren wusste man darüber noch sehr wenig. Der Nutzen hygienischer Maßnahmen war wenig bekannt. So trat z.B. nach Ausbringung von Dung aus den Abortgruben im Frühjahr 1814 erneut Typhus auf. Durch die erhöhte Sterblichkeit in Folge der Befreiungskriege war der Kirchhof in Naustadt zu klein geworden, so dass im Januar 1814 eine erhebliche Erweiterung des Kirchhofs erfolgte. Ein Schlussstein über einem Torbogen auf dem Naustädter Friedhof erinnert daran.
Dazu finden wir in den Akten folgende Information:
„Das Nervenfieber veranlasset durch den Krieg, hatte auch in meiner Kirchfahrt eine große Sterblichkeit hervorgebracht, an welchem viele Menschen in der Blüte der Jahre hinweggerafft wurden. Der Kirchhof, auf welchem aus Mangel des Raums 2 und 3 Särge in ein Grab bisher gelegt werden mussten, wurde also erweitert, also dass ein Stück Land von der Gemeine nach Mitternacht (Norden) von der obern Kirchhofthüre an bis an die untere dazu genommen wurde. Die Feierlichkeit bei der Einweihung am Feste der Erscheinung (6. Jan.) 1814 in Gegenwart einer großen Volksmenge ist gedruckt hier eingeheftet. Bei welcher noch zu bemerken, dass auch ein neues mit einem Florbande geziertes Grabscheit in der Procession mit vorgetragen wurde, dieses hielt der zur Seite stehende Kirchvater Schuhmann inferior (d. Jüngere), als ich in der Rede sagte: „Nun so nehme ich denn Besitz von dieser mütterlichen Erde und weihe sie hierdurch zur künftigen Schlafstätte unserer lieben Todten ein“, so ergriff ich dieses Grabscheit und stecke es vor mir in die Erde.“ (Kirchenbuch Naustadt 1732 bis 1810)
Auch das alte Bahrenhaus auf dem Kirchhof wurde abgetragen.
„Sollte der Kirchhof erweitert und Raum gewonnen werden, so musste auch das alte Bahrenhaus, welches wegen seiner Bauart einzig war, weggerissen werden. Es war nämlich ein Geschoß hoch gewölbt und mit einem steinernen Dache versehen; es waren die Grundstücke wie zu den Fenstergewänden in einander gefügt, diese bildeten das Dach.
An selbigen stand eine Jahreszahl und eine Inschrift. Dieses Bahrenhaus diente im Kriege zum Gefängnis der Soldaten. Hernach bei der Rückkehr der Franzosen aus Russland zum Krankenlager für einzelne ermattete und erkrankte Soldaten, die sich gern aus Furcht vor den Kosaken hier aufhielten und verbargen.“ (Kirchenbuch Naustadt)
Bereits 1814 wurde eine neue Kirchenvorhalle erbaut. Dazu lesen wir in o.g. Akten: „Zur Aufbewahrung der Todtenbahre und des Leichengeräthes, so wie auch des Communsarges, welchen der Herr Collator von Miltitz nach meiner Anweisung und Zeichnung hat machen lassen, in welchen ganz Arme, die keinen Sarg bezahlen können, hingetragen und eingesenkt werden, welcher, in dem an beiden Seiten Erde ins Grab gescharrt wird und langsam an Strängen herausgezogen wird, musste eine neue Vorhalle angebaute werden, nach dem Reichenbacher und Batzdorfer Kirchthore zu.“ Diese Leichenhalle steht heute auch nicht mehr, bei Putzarbeiten an der Kirche wurden Reste der ehemaligen Tür und der Fundamente entdeckt.