Zeitfenster 18 - Lebenslauf der Luitgarde Prinzessin Heinrich XV. Reuß j. L. geb. Gräfin zu Stolberg-Wernigerode

Zeitfenster 18

 „Lebenslauf der Luitgarde Prinzessin Heinrich XV. Reuß j. L. geb. Gräfin zu Stolberg-Wernigerode“

 Fortsetzung von Zeitfenster 17

Da faste sich die hohe Frau, damals erst 31 Jahre alt, in Gott und hat ihre schweren Pflichten in einer Weise auf sich genommen, die allen, die sie kannten, ein unvergleichliches Beispiel geworden ist. Naturgemäß verlief nun ihr Leben in stilleren Bahnen. Mit ihren Verwandten verknüpfte sie ein festes Band teuer, wahrhaftiger Liebe. 1870 [22] erschütterte sie tief der „Heldentod“ ihres jüngeren Schwagers Prinz Heinrich XVII. Reuß am 18. August bei Mars la Tour; tiefbewegt erlebte sie den Einzug der Truppen in Berlin mit, wo sie ihren geliebte Vater an der Spitze seiner Reiterdivision begrüßen konnte; in den folgenden Jahren brachte sie oft einen Teil des Winters und Frühjahrs im alten königlichen Schloß zu Münster [23] zu, das Graf Wilhelm [24] als kommandierender General des 7. Armeekorps bewohnte, und im Sommer zog sie nicht selten mit den Ihrigen nach Stonsdorf, dem Sitz ihrer verwitweten Schwiegermutter, der Fürstin Caroline, zurück. Ein Festtag besonderer Art war dann der goldene Hochzeitstag der Eltern am 11. November 1885, der alle Kinder und Enkel des Jubelpaares vereinigte; und zu einer sehr hohen Freude wurde es, dass die Stille diamantene Hochzeit der Hochbetagten 1895 in Dresden erlebt werden durfte. Wie gern kehrte Sie auch bei ihrer jüngsten Schwester, der Gräfin Margarete Stolberg-Wernigerode auf der Bernhardstraße in Dresden [25] ein oder suchte dort andere liebe Verwandte und Bekannte auf! Sehr dankbar war sie immer ihrem Schwager Prinz Heinrich XIII., der ihr ein treuer männlicher Beistand in allen schwierigen Fragen gewesen ist; ebenso war sie innig mit dessen Gemahlin Prinzessin Anna Reuß verbunden. Auch die treue Hilfe, die ihr der Gutsnachbar von Scharfenberg, Herr von Oehmichen, bei allen Pachtangelegenheiten in stets bereiter Weise gewährt hat, schätzte Sie hoch ein. Zu der Weistropper Herrschaft, der Familie Keil, waltete ein freundnachbarliches Verhältnis. Vor allem lag nun Frau Prinzess die Sorge für die Erziehung ihrer Töchter am Herzen. Den Anfangsunterricht der beiden Älteren erteilte Kantor Mäder von Röhrsdorf, später kamen Erzieherinnen ins Haus. Den Religionsunterricht gab in Gegenwart der Mutter Pfarrer Lic. Winter Pfarrer von Röhrsdorf, der auch die Prinzessinnen Margarete und Auguste 1880 und 81 in Röhrsdorf konfirmiert hat. Im Winter 1883/84 wurde dann in Dresden Aufenthalt genommen, und hier segnete Pfarrer Dr. Dibelius die beiden jüngeren Prinzessinnen Gertrud und Anna Marie Ostern 1884 in der Annenkirche ein.

 Am 11. August1891 verlobte sich Prinzess Margarete mit dem Prinzen Karl zu Bentheim-Tecklenburg, und am 29. Oktober desselben Jahres fand unter der Teilnahme vieler hoher Verwandten und der ganzen Gemeinde frohe Hochzeit in der Kirche zu Röhrsdorf statt.

Zur Art der Veröffentlichung siehe Amtsblatt 05/2017. Quelle: Archiv der St-Bartholomäus Kirchgemeinde Röhrsdorf

Christoph Rechenberg

 

[22] Deutsch-Französischer Krieg 1870-1871

[23] in Westphalen

[24] geb. 13. Mai 1807 in Wernigerode.

  Er war preußischer Politiker und General der Kavallerie. Im Deut.-Franz. Krieg war er Kommandeur der nach ihm benannten Kavallerie-Division Stolberg. Und nach dem Krieg wurde er Kommandierender General des VII. Armee-Korps in Münster und bewohnte dort das königliche Schloss. 1882 ging er als General der Kavallerie in den Ruhestand und lebte bis zu seinem Tod am 6. März 1898 auf seinen Gütern in Jannowitz im Hirschberger Tal.

[25] Dresden-Plauen