Grüne Insel in der Feldflur

Die Geschichte beginnt in den Zeiten des Kalten Krieges. In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde in Naustadt von der NVA (Nationale Volksarmee) eine Radarstation eingerichtet

(heute die Hundeschule der Sächsischen Polizei). Zu deren Versorgung war es notwendig, eine unabhängige Brunnenanlage zu bauen.

Auf dem Gelände des Pfarrlehns in Naustadt fand man den rechten Ort für o.g. Brunnenanlage im Quellgebiet des Gauernitzbaches. Man enteignete mit dem Argument der Landesverteidigung (LVO – Landesverteidigungsobjekt) das Pfarrlehn, zahlte eine geringe Entschädigung im Pfennigbereich, zäunte das Gebiet mit Betonmasten ein (heute noch vorhanden), baute zwei Pumpenhäuser (aus Betongaragenteilen), schachtete zwei Brunnen, legte ein Erdkabel über das Feld und befestigte den Feldweg. Danach wurden in dem südlichen Bereich Blaufichten gepflanzt und auf dem anderen Teil Lärchen und Eschen.

Bis 1990 war dieses „Armeebrunnen“ genannte Gebiet zu einem kleinen Wäldchen geworden; es blieb vollständig eingezäunt und war für die Öffentlichkeit gesperrt.

Das Pfarrlehn hat sofort nach der friedlichen Revolution den Rückgabeantrag gestellt, damit sollte die Pfarrhufe wieder vervollständigt werden. Über viele Jahre hinweg zog sich das Verfahren, in dem letztendlich dann ein Gericht gegen das Pfarrlehn entschied. Die Begründung war: Eine Entschädigung von wenigen DDR-Mark sei gezahlt worden, damit gelte die Fläche rechtlich als verkauft. Aus der Sicht des Eigentümers handelte es sich um eine Zwangsenteigung mit einer lächerlichen Gegenleistung. Es war damals kein einvernehmlicher Kaufvertrag geschlossen worden.

Aber so sind die Dinge nun gelaufen; es ging ja nicht nur dem Pfarrlehn so, auch anderen Bauern, Land- und Gebäudebesitzern - nicht zuletzt auch den vielen sächsischen Gutsbesitzern. Die Begriffe Rückgabe oder Entschädigung haben viele noch im Ohr.

Im Jahr 2001 kaufte dann das Pfarrlehn Naustadt aus den Pachteinkünften des Ackerlandes sein ehemaliges Eigentum von der BVVG (Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH) zurück.

Mit Hilfe des Landwirts Hermann Schmick aus Naustadt und mehreren ABM-Mitarbeitern z.T. unter der Leitung von Reiner Gornik aus Naustadt wurden der Zaun vollständig entfernt, danach die Pumpenhäuser abgetragen, die Brunnen sicher verschlossen und das Feuchtgebiet in der Mitte des Wäldchens entschlammt. Auch der Abfluss des Gauernitzbaches, der sich aus vielen Drainagen speist, wurde repariert.

In der etwa 20 Meter breiten Senke zwischen den zwei ehemaligen Feldwegen mit schönen historischen Steinbogenbrücken, wurden zu DDR-Zeiten viel zu kleine Betonrohre für das Bächlein verlegt. Der so verrohrte Bach wurde mit Siedlungsmüll überdeckt und die Senke ausgefüllt. Es fehlte wohl an Mitteln, die Brücken der Wege zu sanieren und außerdem waren die Wege zu schmal. So etwas gab es damals überall!

Viele der nun 10 Meter hohen Blaufichten waren mehrtriebig gewachsen. Sie hatten in jungen Jahren zu Weihnachten als Christbaum ihre Spitze verloren und wuchsen dann nicht richtig weiter. Manche Bäume fehlten nach Weihnachten vollständig. Einige der Weihnachtsbaumselbstwerber hatten vom Staatsförster, der vor 2002 dafür zuständig war, die Genehmigung. Andere dachten, es sei immer noch Volkseigentum. Auch in der Naustädter Kirche standen mit hoch offizieller Genehmigung viele Jahre lang schöne Blaufichten aus diesem Wäldchen.

Der sich weiter entwickelnde Wald wurde mit der Erwerb durch das Pfarrlehn offiziell zum Waldgebiet erklärt. Damit konnte das Pfarrlehn nun forstwirtschaftlich tätig werden. Die Lärchen wachsen unverändert weiter, die Eschen wurden durchforstet und die Blaufichten vollständig gefällt.

Ein Forstunternehmen hat diese Arbeiten 2014/15 durchgeführt. Auf der nun freien Teilfläche wurde 2015 standorttypischer Mischwald gepflanzt (Foto). Damit die jungen Eichen-, Eschen- und Ahornbäume gut wachsen und vom Rehbock nicht beschädigt werden, ist dieser Bereich mit Wildgatter umzäunt worden.

Hermann Schmick hat um die „Grüne Insel in der Feldflur“ noch Grasstreifen, sogenannte Ackerrandstreifen, angelegt (Foto). Somit ist aus einer anfänglich eher ärgerlichen Geschichte etwas Gutes für die nächsten Generationen geworden.

Christoph Rechenberg/ Pfarrer